Streit um freie Bilder: Fotodienste Unsplash und Pixabay stören sich an Copycats

Quelle: https://irights.info/artikel/streit-um-freie-bilder-fotodienste-unsplash-und-pixabay-stoeren-sich-an-copycats/28657

FOTOS + GRAFIKEN16. August 2017 | Henry Steinhau, David Pachali

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Foto: Gohnarch, FlatterbandCC BY-SA

Wer Bilder möglichst unkompliziert verwenden will, wird häufig bei Seiten wie Pixabay und Unsplash fündig. Doch kürzlich haben beide Dienste ihre Regeln geändert. Sie suchen nach Wegen, um sich gegen Anbieter zu wehren, die ihren Dienst kopieren.

Ein Foto als Hintergrund für die Website, zur Anzeige in einer App oder einer Software: Besonders leicht zu verwenden sind Bilder, wenn sie mit der Freigabe „Creative Commons Zero“ (CC0) versehen sind. Jeder kann solche Inhalte kostenlos weiterverwenden, ohne nachzufragen oder andere Bedingungen beachten zu müssen.

Unsplash und Pixabay gehören zu den bekanntesten Plattformen für Fotos, die unter der CC0-Freigabe stehen. Doch beide Dienste sind von der weitestmöglichen Freigabe in letzter Zeit abgerückt, zumindest zeitweise. Unsplash gab Mitte Juni bekannt, eine eigene „Unsplash-Lizenz“ einzuführen, die an die Stelle der CC0 treten soll. Auch Pixabay wechselte Ende Juli auf eine eigene Lizenz, ruderte dann aber wieder zurück.

Creative Commons Zero (CC0)

Die Freigabe „Creative Commons Zero“ (CC0) macht es möglich, Inhalte so weiterzuverwenden, als wären sie bereits frei von Urheberrechten. CC0-Inhalte können ohne Nachfrage zu beliebigen Zwecken kopiert, veröffentlicht oder auf andere Weise verwendet werden. Anders als die regulären Creative-Commons-Lizenzen enthält CC0 keine weitere Bedingungen wie etwa eine Namensnennung.

CC0 besteht rechtlich betrachtet aus mehreren Komponenten: Urheber oder Rechteinaber erklären damit, auf etwaige Rechte an ihrem Werk vollständig zu verzichten. Für Länder, in denen ein solch vollständiger Verzicht nicht vorgesehen ist, sind zusätzliche Regelungen enthalten: Jeder erhält eine Lizenz ohne weitere Bedingungen und eine verbindliche Zusage, möglicherweise verbleibende Rechte nicht durchzusetzen.

Dienste wollen sich gegen „Copycats“ wehren

Hintergrund des Wechsels: Beide Plattformen stören sich an Dritt-Anbietern, die die Kataloge von Pixabay und Unsplash nutzen und damit eigene, funktional und gestalterisch oft ähnliche Dienste aufbauen. Das Phänomen heißt „Copycats“. Sie sollen durch neue Bestimmungen ausgeschlossen werden. Simon Steinberger, Geschäftsführer von Pixabay, erklärt auf Anfrage von iRights.info, dass es mehrere solcher Webseiten gebe, die den Dienst kopierten.

Dabei gehe es nicht um Seiten, die nur mehr oder weniger umfangreich Bilder aus dem Pixabay-Bestand kopieren würden. Solche Übernahmen, etwa auf der Fotoseite Pexels.com, seien letztlich in Ordnung. Pixabay selbst blendet bei der Suche auch Bezahlbilder vom Dienst Shutterstock ein und finanziert sich über Provisionen, wenn diese verkauft werden. Steinberger stören Anbieter, die den Dienst Pixabay als solches kopierten und zugleich ihren Katalog vor allem mit den dort veröffentlichten Bildern füllten.

„Der Anbieter Maxpixel/Freegreatpicture.com ist hierfür ein besonders dreistes Beispiel“, sagt Steinberger. „Die Betreiber dieser Website haben nicht nur über 900.000 von knapp über einer Million Pixabay-Bilder kopiert, sondern auch gleich unseren Client-seitigen Quellcode sowie das gesamte Design“. Eine Anfrage von iRights.info an die Kontaktadresse von Freegreatpicture.com blieb bislang unbeantwortet. Auf der Seite wird zu den Bildern Werbung eingeblendet. Sie ist in mangelhaftem Englisch gestaltet und versteckt die Angabe, wer sie wo registriert hat.

Ahnlich äußern sich die Betreiber von Unsplash. Die Seite startete ursprünglich als Seitenprojekt des Web-Startups „Crew“ aus Montreal, heute ist Unsplash eine eigenständige Firma. „Wir unterstützen es nicht, wenn andere massenhaft Unsplash-Fotos duplizieren, um damit ähnliche und konkurrierende Dienste aufzubauen“, schreiben die Macher auf ihrer Seite. Unsplash nennt keine konkreten Dienste und verweist darauf, dass andere Seiten den Katalog automatisiert kopierten und dabei gefälschte Nutzerkonten anlegten.

Neue Lizenz bei Unsplash, Hin und Her und Pixabay

Die CC0-Freigabe verbietet keine Übernahme der Inhalte, sondern erlaubt es vielmehr, die Werke ungefragt und bedingungslos zu verwenden. In der neuen Lizenz von Unsplash heißt es nun, die Bilder seien frei, ohne Beschränkungen und ohne weitere Angaben zu nutzen. Es sei aber untersagt, „Bilder von Unsplash zusammenzustellen um sie in in einem ähnlichen oder konkurrierenden Dienst zu nutzen“ (eigene Übersetzung). Ein Hinweis auf die CC0-Freigabe findet sich nicht mehr.

Auch Pixabay führte zunächst eine eigene Lizenz ein, die die CC0-Freigabe mit zusätzlichen Beschränkungen versehen sollte, löschte diese jedoch nach ein paar Tagen wieder. Stattdessen gilt für alle hochgeladenen Bilder wieder wie gehabt die CC0-Freigabe. Die Betreiber haben aber einen Passus in die Nutzungsbedingungen aufgenommen, der unter anderem das „Massenkopieren von Inhalten“ untersagt. Zudem soll damit Data Mining, Scraping und anderes automatisches Auslesen verhindert werden, wenn es nicht von Pixabay erlaubt wurde.

Was bedeuten die Änderungen für Nutzer?

Wer auf eigenen Seiten Bilder verwendet, die bereits unter CC0 freigegeben wurden, muss daran nichts ändern: Eine bereits erteilte und gültige CC0-Freigabe besteht prinzipiell fort. Auch die neue „Unsplash-Lizenz“ gilt nicht rückwirkend für bereits unter CC0 freigegebene Fotos. Sie betrifft aber diejenigen Bilder, die seitdem auf Unsplash hochgeladen und dann weiterverwendet werden.

Wer auf Unsplash eigene Fotos veröffentlicht hat, sollte gegebenenfalls prüfen, ob die CC0-Freigabe erhalten geblieben ist. Da Pixabay nach einigem Hin und Her bei der CC0-Freigabe der einzelnen Bilder bleibt, ergeben sich zumindest für einfache Nutzer keine Änderungen.

Warum sind die Änderungen dennoch kontrovers?

Bei einigen Nutzern der Dienste fanden die Änderungen Zustimmung, die sie in Foren-Einträgen äußerten. Andere sind dadurch verunsichert. Ryan Merkley, Geschäftsführer von Creative Commons, kritisierte den Schritt von Unsplash. Die neue Lizenz widerspreche dem Gedanken einer Freigabe ohne Bedingungen. Zwar stehe es Unsplash frei, geschäftliche Entscheidungen zu treffen und neue Bedingungen einzuführen. Dabei dürften aber nicht die Inhalte beschädigt werden, die für die Allgemeinheit freigegeben wurden.

Die Unsplash-Macher verteidigen ihre Entscheidung: „Der Geist unserer Lizenz ist der Gleiche. Unser Ziel ist, so nah wie möglich an CC0 zu bleiben, aber die Copycats draußen halten zu können“, schreiben sie in einer Antwort.

Auch der temporäre Lizenzwechsel bei Pixabay sorgte für ähnliche Diskussionen. Sie machten sich besonders daran fest, dass die CC0-Freigabe ursprünglich eingeschränkt werden sollte. John Weitzmann, Rechtsleiter bei Creative Commons Deutschland, erklärt auf Nachfrage: „Ein Überschreiben der CC0 mit zusätzlichen Bedingungen ist den Creative-Commons-Regeln nach nicht vorgesehen.“ Denn die CC-Lizenzen seien aus gutem Grund standardisiert. Immer neue Varianten führten zu einem Lizenzchaos, das freien Inhalte schade.

Die Kritik von Creative Commons zeitigte erneute Änderungen: Während Unsplash offenbar noch kleinere Klarstellungen vornahm, kehrte Pixabay wieder zur CC0-Freigabe zurück, ergänzt um die erwähnten Nutzungsbedingungen. Sie sollen es Pixabay in Extremfällen leichter machen, gegen Anbieter vorzugehen, die den Dienst kopieren. Man wolle aber nicht die Einsatzmöglichkeiten der Bilder selbst beschränken, betont Simon Steinberger von Pixabay. John Weitzmann von Creative Commons meint, dass den Diensten auch andere Mittel gegen Copycats zur Verfügung stünden, die sie prüfen sollten. „Zugunsten beider Dienste könnten auch wettbewerbsrechtliche Regeln greifen“, sagt er.

Freie Inhalte und Copycats: Eine Gratwanderung

Der Streit um Copycats und neue Regeln und Lizenzen zeigt, dass die Fotodienste in einer schwierigen Gemengelage stecken. Auch bei verständlichem Ärger über Dienste, die freie Inhalte ausnutzen, sollten die Gegenmittel gut gewählt sein. Mit seiner neuen Lizenz könnte sich Unsplash am Ende auch schaden. Nutzer, die durch die Änderungen abgeschreckt sind, dürften sich eher anderen Plattformen zuwenden, die weiterhin auf die CC0-Freigabe setzen. Wenn die Fotodienste aber gar nichts gegen Anbieter tun, die auch ihren Nutzern und Beiträgern übel aufstoßen, steht ebenfalls Vertrauen auf dem Spiel.

Doch auch Creative Commons sollte aufmerksam sein, wie der Umgang mit zweifelhaften Copycats in einer Welt freier Inhalte aussehen kann. Wer wie Pixabay und Unsplash mit Geschäftsmodellen rund um freie Inhalte experimentiert, wird sonst eher von den Creative-Commons-Werkzeugen Abstand nehmen. Insellösungen, bei denen jeder seine eigene Lizenz verwendet, sind aber kein Gewinn für das digitale Gemeingut. Welche Regeln geeignet, welches Verhalten unerwünscht ist, wird jetzt wohl breiter diskutiert werden müssen.

Zum Thema bei iRights.info

3 Kommentare

  • 1 TWS am 19. Januar, 2018 um 12:20
    Seltsam, dass Herr Steinberger, Geschäftsführer von Pixabay, erklärte es gäbe mehrere solcher Webseiten die seinen Dienst kopieren würden. Denn: Pixabay hat selbst von Unsplash kopiert (und ebenso wenig wie Unsplash entsprechende Rechte am gegenständlichen Bild gehabt).
  • 2 Sara am 27. Januar, 2018 um 14:17
    das Problem bei solchen Diensten ist die spätere Abmahnung, die der Seiten Benutzer bekommen kann. Kostenlose Dienste prüfen nicht, ob der Hochlader auch wirklich der Rechteeigentümer ist. Hier wird es also zu zahlreichen Abmahnungen kommen. Man kann eigentlich nur von diesen Diensten abraten, sofern man seine Domains mit deutscher Anschrift betreibt.
  • 3 Sergie Schlegel am 20. März, 2018 um 16:13
    Das ewige Spiel der Macht …
    Es geht mal in die eine und dann doch wieder in die andere Richtung …
    Welcher Normalo soll da noch durchblicken?
    Ich nutze schon seid einer Ewigkeit die Bilder von unsplash und bin sehr glücklich mit diesem Dienst!
    Wünsche mir sehr, dass die CC0-Freigabe bestehen bleibt. Ich glaube da bin ich nicht der Einzige …
    Übrigens: Ein sehr guter Artikel – weiter so 😉
    Beste Grüße
    Sergie Schlegel / sergie-schlegel.de